Sie sind viral gegangen. Die winkenden, tanzenden, sich plusternden Springspinnen. Man konnte sich ihnen nicht entziehen, denn sie paddelten sich förmlich in die social-media-Herzen.
Neue Kameratechniken zeigen die Winzlinge als glubschäugige Riesen. Direkt an unserer Hauswand und in Holzbretterspalten kann man die Gesellen mit den hydraulischen Gelenken beobachten, wie sie ihrer noch kleineren Beute nachstellen. Tatsächlich habe ich erst auf den Makrofotos meiner Kamera die Opfer erkannt, die, taktisch ausmanövriert, gegen den achtbeinigen Tiger (Meiner Meinung nach passt das viel besser als das namensgebende Zebra) keine Chance hatten. Mit ihren riesigen, frontal ausgerichteten mittleren Augen können sie zwischen 10-30 cm weit sehen und räumliche Entfernungen abschätzen, einzigartig in der Spinnenwelt. Da die kleinen Jäger aktiv ihrer Nahrung nachstellen, brauchen sie keine Netze. Lediglich als Sicherungsleine wird ein Faden von einigen Arten gespannt, falls Spinne sich mal verhüpft. Vernünftig, wie ich finde. Safety first!
Wer nun aber denkt, ich wäre generell für Spinnen zu begeistern, der lasse sich nicht täuschen. Spinnen und ich, das ist eine haarige Angelegenheit.
Kein anderes Tier, außer Gänse, verbinde ich so häufig mit schubberigen Erlebnisse wie diese achtbeinigen Gesellen. Sei es die Klopapierspinne, die etwas pikiert aus der Röhre guckte, nach dem ich das Papier abgerollt hatte; die sich aufrichtende, zu groß geratene Hausspinne, welche sich von mir gestört fühlte oder im Altweibersommer die morgendliche und fadenscheinige Fahrradtour zur Schule durch die Muldenaus.
Alles, was meinte, es müsse auf die Größe einer Maus anwachsen und somit nicht mehr unter ein Ikea-Glas passt und im Staubsaugerrohr klappert, kann getrost verborgen bleiben. Solange ich mir einbilden kann, es gäbe keine Winkelspinne in der Größe einer Wanderratte hinter meinem Schrank, dann ist da auch keine elefantöse Spinne hinter meinem Schrank! Nein! Sie sitzt da nicht und beobachtet mich beim zocken!
... nein.... tut sie nicht.... sie sitzt bestimmt schon unterm Sofa....
Auch Wespenspinnen sind mir eine unwesentliche Spur zu groß und zu gruselig. Vor zwei Jahren gab es hier auf der Wiese eine unsinnig hohe Population von diesen "Ringelsockenspinnen". Überall hockten sie zwischen den Gräsern und sorgten dafür, dass meine Kaninchen auf Heu umsteigen mussten. Und nun ist der Bestand auf ein unsichtbares Maß zurück gegangen. Ich würde lügen, wenn ich behauptete, es würde mich stören. Auch wenn es sich wahrscheinlich in den aktuellen Zeiten nicht so gehört. Ich schäme mich auch für den Gedanken. Wirklich. Ganz Ehrlich!
Nun wäre aber eine Diversitätsstudie des heimischen Vorgartens nicht komplett, wenn man sich nicht versucht, seinen Ängsten zu stellen.
Und zugegeben, die kleinen Extremsportler, mit den charmanten Textilmuster auf dem Hintern, machen es mir leicht. Schließlich wirken sie ja schon, wie aus einem Manga ausgebrochene, putzig-creepy Haustiere. Sie helfen mir, auch die Spinne in unserer Klingel (kein Scherz) oder den Großwildjäger im Rollladenkasten zu mögen.
Und wie kann man sich für Tierchen mit dem Namen "Glücksspinne" nicht erwärmen? Oder den Krabbenspinnen, die im Gegensatz zu den Springspinnen, gucken, als hätte man auf ihren Rasen gekackt?
So oder so, merke ich, wie sehr mich der halbherzig gemähte Dschungel hinter dem grauen Gartenzaun in den Bann zieht.
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